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Wiener Aktionismus und Aktionstheater in München
Leitung: Thomas Dreher


Wiener Aktionismus und Aktionstheater in München


Wiener Aktionismus und Aktionstheater in Muenchen, 2015

 

Aktionstheater in Wien und München

Die Wiener Aktionisten (Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler) haben in den sechziger Jahren (ab 1962) sowohl die Malerei zur Aktion erweitert als auch das Rollen- und Sprechtheater durch Aktionsformen ersetzt. Sie haben diese doppelte Überschreitung in ihren Aufführungen mit Thematisierungen gesellschaftlicher Tabus verbunden und mit diesen Provokationen das Verhältnis Publikum – Künstler neu formuliert. Die Rolle der Gewalt in der Sozialisation wurde mittels der Schaustellung des Körpers und durch die Hervorhebung von Blut und Wunden vorgeführt: Aktionstheater als Aggressionstheater (inklusive Autoaggression).

Vor der österreichischen Justiz wichen die Aktionisten Brus, Nitsch und Mühl Ende der sechziger Jahre nach Deutschland aus (Nitsch nach Harmating in Bayern, Brus und Mühl nach Berlin). Im "Aktionsraum 1" am Goetheplatz (München, Waltherstraße 25, ehemaliges Rückgebäude) haben Brus und Nitsch 1970 wichtige Aktionen realisiert. Münchner KünstlerInnen und TheatermacherInnen liessen sich davon inspirieren. So wurden (Auto-)Aggression, Nahrungsaufnahme und Kadaver auch in einigen Aktionen von FLATZ und Alexeij Sagerer zu tragenden Elementen.

Die Wiener Aktionisten und die Münchner Akteure FLATZ und Sagerer zeigen, dass Aktionstheater, wenn es etablierte Verhältnisse zwischen Körper und Gesellschaft in Frage stellt, stimulierendes Provokationstheater ist.

Über die Vortragenden: Michael Backes (mußte leider absagen), Thomas Dreher und Oliver Jahraus schrieben je einen der ersten drei Bände der Reihe "Das Problempotential der Nachkriegsavantgarden". Die von Georg Jäger initiierte Reihe ist 2001 im Wilhelm Fink Verlag erschienen.

Über die Akteure: FLATZ und Alexeij Sagerer sind renommierte Münchner Performer (documenta-Teilnehmer), deren Aktionserfahrungen in vier Jahrzehnten gewachsen sind.

Oliver Jahraus ist Lehrstuhlinhaber für Neuere deutsche Literatur und Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität. Sein breites Forschungsspektrum (Philosophie, Literatur, Theater) umfasst auch den Wiener Aktionismus. Website: http://www.oliverjahraus.de

Thomas Dreher ist Kunsthistoriker und schreibt über Performance Art, Konzeptuelle Kunst und Computerkunst. Er hat die Veranstaltung über das Aktionstheater in Wien und München initiiert und konzipiert. Website: http://dreher.netzliteratur.net

FLATZ (geb. 4.9.1952) wuchs in Dornbirn und Feldkirch (Vorarlberg/Österreich) auf. Nach seiner ersten Aktion 1974 im Grazer Hotel Steirer Hof zog er nach München und studierte ab 1975 Goldschmiedekunst und Malerei an der Akademie für Bildende Künste und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität. Publikumsprovokation, (Auto-)Aggression, Destruktion und Fleisch sind seit den siebziger Jahren Merkmale seiner Performances, darunter die 1987 bis 1993 entstandenen 15 "Demontagen". 2009 gründete er das FLATZ Museum in Dornbirn. Er lebt in München und hat ein Atelier auf der Münchner Praterinsel. Seine Gestaltung des Dachgartens auf dem Kistlerhof ("Skulpturengarten Heaven 7", Kistlerhofstraße 70) erregte 2013 Aufsehen. Website: http://www.flatz.net

Alexeij Sagerer (geb. 1944 in Plattling/Niederbayern) gründete 1969 in München das proT mit Aufführungsräumen in der Isabellastraße 40 (1969 bis 1982), danach in der Schleißheimerstraße 418 (1983 bis 1988) und in der Steinseestraße 2 (1990-1997). Das proT kombiniert Kabarett und Brauchtum mit der experimentellen Auflösung der Grenzen zwischen Bühne und Publikum. Mit der Bezeichnung "proT" für Prozessionstheater schlägt Sagerer einen Bogen vom experimentellen Theater ("Total-Theater") zu katholischen Prozessionen ebenso wie zum "Orgien Mysterien Theater" von Hermann Nitsch. "Maiandacht"-Performances wurden 1987-91 mit Gastakteuren (darunter FLATZ, Sepp Bierbichler, die Biermösl Blosn und die Rockgruppe Embryo) aufgeführt. Website: http://www.prot.de

Über die Organisation: Der Präsident der Akademie der Bildenden Künste München Prof. Dieter Rehm engagierte sich für das Projekt und die Finanzierung (Besten Dank!). Michael Hofstetter (künstlerischer Leiter bei Prof. Dieter Rehm) vermittelte zwischen dem Präsidenten der Akademie der Bildenden Künste München Prof. Dieter Rehm und dem Kurator Thomas Dreher. Hofstetter entwarf auch das Plakat (s.o.) und den Flyer. Angela Holzwig (Referentin des Präsidiums) organisierte die Kooperation mit den Fachleuten der Haustechnik. Tanja Ferg (Medientechnik) sorgte für die Haustechnik (Computer, Beamer, Saal- und Bühnenlicht, Ton, Saalheizung), die von Vortragenden und Akteuren unterschiedlich beansprucht wurde.

 

 

Programm

18.15-18.30
Dieter Rehm: Begrüßung

Dieter Rehm: Begruessung. Praesident Akademie der Bildenden Kuenste Muenchen

 

18.30-19.10
Oliver Jahraus: Wiener Aktionismus. Praxis und Theorie der Aktion und ihre kunstgeschichtliche Herausforderung

Oliver Jahraus: Vortrag. Akademie der Bildenden Kuenste Muenchen 2015

 

19.10-19.50
Thomas Dreher: Wiener Aktionismus und Aktionstheater in München

Thomas Dreher: Aktionstheater in Wien und Muenchen. Foto: Walter Heindl

 

20.00-20.10
FLATZ: Krüppelballett

FLATZ: Krueppelballett. Akademie der Bildenden Kuenste Muenchen 2015

 

20.30-21.30
Alexeij Sagerer & proT: Voressen

Alexeij Sagerer: Voressen. Akademie der Bildenden Kuenste Muenchen 2015

 

Veranstaltungsort

Montag, 26.1.2015, 18.00 Uhr
Eintritt frei
Akademie der Bildenden Künste München
Neubau, Auditorium im Erdgeschoss
Saal-Nr. E.EG 0.28
Akademiestraße 4
80799 München

 


Dr. Thomas Dreher
Schwanthalerstr. 158
D-80339 München.
Homepage mit zahlreichen kunstkritischen Texten, u.a. zur Konzeptuellen Kunst und Intermedia Art.

Copyright © by Thomas Dreher (text and photographs) and Walter Heindl (photographs of Dieter Rehm and Thomas Dreher), March 2015 (as defined in Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 2.0 Germany). All rights of the artists FLATZ and Alexeij Sagerer reserved.
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